Von der Corona-Krise in die Ukraine-Krise. Seit zwei Jahren werden wir alle ordentlich gefordert – und das in sämtlichen Lebensbereichen. Die turbulenten Zeiten scheinen kein Ende zu nehmen. Ja, das ist anstrengend und ja, es macht was mit uns. Doch der Atem wird bleiben.
Im Angesicht des fürchterlichen Krieges in der Ukraine und der schmerzvollen, verstörenden Bilder, die uns erreichen, wirkt das Streben nach einem bewussten Leben für mich auf einmal geradezu lächerlich und egoistisch. Doch vielleicht ist gerade jetzt die Zeit, seine Gedanken an Vergangenheit und Zukunft zu zügeln und sich immer wieder in den gegenwärtigen Moment zurückzuholen. Das ist eine Herausforderung.
Der Angriff auf das Land, rund 1.000 Kilometer von Salzburg entfernt, ist omnipräsent. Von morgens bis abends sind wir mit Zerstörung, Hilflosigkeit und Trauer konfrontiert. Wir sehen in den Nachrichten weinende Frauen mit Kindern, die aus ihrer Heimat fliehen und ihre Männer zurücklassen. Wir sehen zerbombte Häuser und Gebäude, Panzer auf den Straßen und Krieger, deren Augen die Lebendigkeit verloren haben.
Der Krieg hat ein Gesicht
Im Vergleich zur Coronakrise, die zwar an Interesse und Aufmerksamkeit verloren hat, aber immer noch die Welt beschäftigt, war der russische Überfall auf die Ukraine wie ein Schlag ins Gesicht der westlichen, demokratischen Gesellschaft: Ein Mann entschließt sich, ein Land einzunehmen und löst damit unsagbares Leid abseits seiner eigenen Lebenswirklichkeit aus. Wir wissen nicht, was noch geschehen wird. Das löst Unsicherheit in uns aus. Ob es die Sorgen um die steigenden Energiepreise sind, die Verteuerung, die kommen wird, Existenzängste oder die Angst vor einem ausufernden Krieg. Und so stehen wir wieder den gleichen Emotionen wie ganz zu Beginn der Coronakrise gegenüber. Aber es gibt einen Unterschied: Das Virus hat kein Gesicht, der Krieg schon.
Die letzten Tage und Wochen waren wie für viele andere in meinem Umfeld auch für mich mühsam, anstrengend und drückend. Mein Beruf bringt es mit sich, dass mich dieser grausame Krieg von morgens bis abends begleitet. Einmal einen Tag aus der Nachrichtenwelt herausnehmen? Das geht nicht – und das möchte ich auch nicht. Was kann ich also tun? Mich beobachten.
Von der Außenschau in die Innenschau
Dann merke ich, dass meine eigentlich guten und geduldigen Nerven strapaziert sind. Ich kippe rasch in Emotionalität und brauche lange, bis ich mich aus diesem kindlichen Bewusstsein wieder herausziehen kann. Das Leid anderer Menschen ist plötzlich ganz nahe und wirkt auf mich ein. Es berührt. Im Kopf sind viele Fragezeichen. Ohnmachtsgefühle wechseln mit einer unsagbaren Dankbarkeit für das Glück in Österreich auf die Welt gekommen zu sein und ein unauffälliges, gutes Leben leben zu dürfen. Das macht der Krieg im Moment mit mir.
Der Wechsel in die Beobachtung bringt eine neue Perspektive. Mit ihr kann es leichter fallen, die Dinge zu sehen, wie sie sind. Der andere Blick auf das eigene Leben – die Vogelperspektive – zeigt, dass alles, was ist, vorübergeht. Das ist das Prinzip des Lebens. So können wir Zuversicht erkennen und sie in dunklen Zeiten wie diesen vielleicht auch annehmen.
Mit-Teilen schafft Anker
Warum ich das hier schreibe und mit euch teile? Um ehrlich zu sein, ich weiß es nicht wirklich. Vielleicht müssen einfach nur ein paar Gedanken raus, damit sich Neues bilden kann. Vielleicht einfach nur, um mit einem Text dann doch so etwas wie Abgrenzung zu schaffen. Und vielleicht geht es jemandem, der das liest, gerade ähnlich und findet sich hier wieder.
Zwar schon einige Jahre alt, aber treffend, scheint mir diese Meta-Meditation der buddhistischen Nonne Ayya Khema, die ich euch ans Herz legen möchte. Bevor ihr euch ihre Worte anhört, lenkt eure Achtsamkeit für ein paar Momente auf euren Atem. Spürt die Luft an der Nasenspitze und fühlt in euren Brustkorb. Denn das was ihr immer habt, ist der Atem.
Den Menschen in der Ukraine gilt mein größtes Mitgefühl. Ich möchte die Hoffnung nicht verlieren, dass die nachkommenden Generationen mit geheilten Wunden, gestärkt, aufrecht und mit Bewusstheit aus dieser Krise treten.
DANKE für diese schönen Worte!! Genau dieses “Mit-Teilen” hat mich gerade sehr gepackt und mir wieder ein bisschen Hoffnung gemacht, da kann ich nur zutiefst zustimmen… Also nochmal danke, dass Du diese schönen Worte teilst!